Zugegeben, ich bin etwas im Rückstand was das Blog-Schreiben angeht. Ich bitte euch das zu entschuldigen. Es ist einfach zu viel los im Moment.

Während unser Monsterprojekt hier bereits in der heissen Endphase ist und der erste Go-Live vor der Tür steht verbringe ich mit dem Team mehr Zeit im Büro als zu Hause. Dazu kam diese Woche noch ein Kurztrip für nur 4 Tage in die Schweiz und nach Deutschland. Zwei davon verbrachte ich im schönen Zürich und das Wochenende in Stuttgart mit vielen Freunden und Teilen der Familie. Der mittlerweile traditionellem Block-House Steakabend, gefolgt von Waranga und weiteren HotSpots – dieses Mal mit einer stattlichen Truppe – hat dabei natürlich nicht gefehlt.

Es ist immer wieder spannend von den Freunden zu Hause zu hören, was sich in dem Jahr in dem ich mittlerweile in China bin alles getan hat. Da gibt es viele, neue, frisch verheiratete Paare, neuen Nachwuchs, neue Jobs, neue Trennungen, neue Paare und so weiter. Das Leben geht weiter zu Hause und ich kriege hier dank Facebooksperre und 6 Stunden Zeitverschiebung nur Bruchstücke davon mit.

Interessant ist allerdings „zu Hause“ mittlerweile sehr relativ geworden ist. Der 13 Stunden Lufthansaflug Shanghai – München – Zürich fühlt sich nicht mehr an wie eine Weltreise, sondern viel mehr wie ein Kurztrip von einem Zuhause ins nächste. Die Freunde sind über Shanghai, Zürich, Reutlingen und Stuttgart verteilt und irgendwie fühlt sich alles wie daheim an aber nichts mehr so richtig. Es sind eben doch nicht die Orte die unser Leben ausmachen, sondern die Menschen die man mit ihnen verbindet, das merkt man erst recht, wenn man weit weg von vielen Menschen wohnt, die einem viel bedeuten.

Genug Philosophie über das Expatleben. Ganz offiziell bedanken möchte ich mich allerdings noch: Und zwar bei der Lufthansa, die ja seit vielen Berufsjahren mein treuer Begleiter auf Geschäftsreisen ist – und mich auf diesem Trip gleich zweimal mit einem Upgrade in die höhere Reiseklasse innerhalb von 4 Tagen beglückt hat. Und dann natürlich auch bei meinen Freunden, die sich die Zeit genommen haben, sich mit mir zu treffen und teilweise aus den entlegensten Gegenden (die Betroffenen wissen wen ich meine) nach Zürich oder Stuttgart angereist sind. Viele waren bereits zu Besuch in China und so wurde der Abend in Stuttgart wie zu einer Art Shanghai Nachtreffen. Und dann natürlich Danke an Tommy und Tanni für das wie immer unglaublich gute Essen.

Ausdrücklich nicht bedanken möchte ich mich hingegen für das miserable, europäische Wetter, den kalten Regen und die verschlafene Parkplatzreservierung des Hotels Zürichhof, die mich 48 Franken für eine Nacht im öffentlichen Parkhaus gekostet hat.

Mittlerweile sitze ich wieder in Apartment 27E in Shanghai und tippe diesen Beitrag äusserst mühselig – was einerseits an der mittlerweile chronischen Übermüdung liegt, welche wiederum das Resultat einer mehrmonatigen Mischung aus Dauer-Jet-Leg, langen Arbeitstagen, ständigem Rumreisen, fehlendem Urlaub und Abenden wie dem gestrigen (Live Music at Abbey Roads gefolgt von Pheebes) sind.

Weit grösseren Anteil an der Schwerfälligkeit dieses Berichts hat allerdings die Tatsache, dass ich mir nach Jahren als treuer Windows-User vor zwei Wochen einen Mac gekauft habe. Das ganze war wie es die Psychologen wohl nennen würden eine klassische Übersprungshandlung. Ich war im Shanghaier Mac-Store (übrigens der grösste der Welt) weil mein Iphone seit Wochen eigenartiges Verhalten an den Tag legte. An dieser Stelle ein Lob an die Supportabteilung von Mac: So etwas unkompliziertes und kulantes hab ich selten erlebt. Ohne Quittung und obwohl mein Iphone aus dem Mac-Store in Zürich stammt wurde das Gerät anstandslos und unkompliziert komplett gegen ein nagelneues ausgetauscht. Es ist zwar ein chinesisches und Google Maps kann ich seither nicht mehr lesen und die YouTube App ist verschwunden (und lässt sich auch nicht installieren, da YouTube hier offiziell banned ist), aber sonst kann man damit jetzt endlich wieder tun, wofür es eigentlich mal gedacht war: Telefonieren.

Aber zurück zur Übersprungshandlung: Ich musste also in dem Apple-Store ca. 1h Stunde erst auf mein neues Telefon und dann auf Mirna warten. Und naja – was soll ich sagen? Welcher Mann kann da bitte widerstehen? Das ist wie eine Frau 2 Stunden in einem italienischen Schuhgeschäft beim Sommerschlussverkauf warten zu lassen. Auf jeden Fall habe ich kurzerhand den aktuell sehr hohen Schweizerfrankenkurs ausgenutzt und mir ein MacBook Air gekauft. Ohne mich davor auch nur annähernd zu Informieren, geschweige denn mal eines der MacBooks auszuprobieren. Ich dachte, nachdem all meine anderen Apple-Produkte wie das Iphone in der xten Generation, Ipad, Apple TV und so weiter bei mir Zuhause bereits seit langem in einer harmonisches Familie zusammenleben sollte nun auch der etwas in die Tage gekommene und schwerfällige Dell-Windows-Kumpel Platz für einen schlanken, silbernen Mac-Freund schaffen.

Und naja: Der neue sieht gut aus, aber bei allem was mit der Anwendung zu tun hat treibt er mich in den Wahnsinn. Wie kann man von Werk aus keine rechte Maustaste installieren? Und wieso lassen sich die Fenster nicht per Klick maximieren? Und wie zur Hölle kann ich eine Datei umbenennen? Allein das Finden der „Rückgängig“-Funktion hat dazu geführt, dass ich jetzt bereits über einer Stunde an diesem Artikel schreibe. Währenddessen haben sich unzählige male Schriftgrösse, Farbe und Formatierungen in allen Varianten verändert, ohne dass ich das gewollt hätte. Es scheint dass mein neuer noch etwas Erziehung braucht – und ich auch.

Regensaison. Heiss. Schwül. Nass.

Regensaison. Heiss. Schwül. Nass.

Aber weiter zum Wetter. Beim Aussteigen aus dem Lufthansa-Flieger in Shanghai war klar: Die angenehmen Frühsommertage sind vorbei. Es ist Monsunzeit und die kommt mit heftigem Regen, tiefen Wolken, vielen Gewittern und mitunter auch starken Stürmen (die hier Typhoone genannt werden). Die Typhoone lassen zwar noch auf sich warten, aber den starken Wind haben wir bereits und den Regen auch. Das alles zwar bei über 30 schwülen Grad aber dennoch ist die Zeit des Draussensitzens vorbei.

Die Regenfälle sind mitunter so heftig, dass in Südchina ganze Regionen seit Wochen Jahrhundertüberschwemmungen erleben, bei denen auch schon zahlreiche Menschen ums Leben kamen. Und das nachdem wir hier zuvor die intensivste Dürreperiode seit 60 Jahren hatten.

Auf jeden Fall heisst es ab jetzt bis mindestens Mitte Oktober wieder: Klimaanlagen auf Vollgas, und zwar im Büro wie auch in der Metro, den Einkaufshäusern, den Läden und zu Hause (auch nachts, auch wenn man schläft, weil sonst daran nicht zu denken ist). Das wiederum führt dazu, dass die Regierung bereits wieder vor Stromausfällen wegen Netzüberlastung warnt und als Massnahme einzelne Unternehmen dazu verdonnert, ihre Wochenenden zu verschieben, um die Stromspitzen etwas abzuflachen. Auch wir haben so ein Schreiben erhalten und sollen uns bereithalten in der Zeit von Juli bis Ende August am Wochenende zu Arbeiten und dafür an zwei Tagen unter der Woche das Werk zu schliessen. Ob das was bringt wage ich jedoch zu bezweifeln. Denn was machen die Menschen, wenn sie nicht in der Firma arbeiten? Genau, sie sind Zuhause oder in Supermärkten und lassen da ihre Klimaanlagen laufen. Wir werden sehen. Die “Union” (Gewerkschaft) verteilt auf jeden Fall schon wieder an jedem Tag die grossen Flaschen mit einem nach Spülmittel schmeckendem, Isotonischen Getränk, das es jeweils an Tagen mit mehr als 30 Grad Aussentemperatur gibt.

Die nächsten Wochen wird der Blog noch etwas hungern müssen, aber da ich nächste Woche mein Einjähriges Shanghai-Jubiläum habe wird es natürlich einen Geburtstagseintrag geben. Um die Beitragslücken hier zu schliessen kann ich euch jedoch www.cantstandstill.com empfehlen. Das ist das neu geschaffene Blog von meinem Freund Joe, der nach Jahren in der Banken- und IT- Karrieremühle den Anzug für ein Jahr an den Nagel hängt und erst in Südamerika Waisenkinder in einem Heim betreut und dann in Südostasien Englischunterricht hält. Ich bin gespannt auf seine Geschichten.