Die Firma, für die ich arbeite hat in China mehrere Standorte. Wir Expats wohnen zwar alle in Shanghai, arbeiten jedoch Di – Do in Changzhou (常州市), ca. 2h Fahrzeit mit dem Bus nordwestlich von Shanghai gelegen. Dieses “Städtchen” (ca. 4 Mio Einwohner) glänzt durch den Charme zahlreicher Grossfabriken. Neben uns produzieren hier fast alle namhaften Firmen billig für den Weltmarkt.

Für uns bedeutet das, jeden Dienstag um 5:45 Uhr aufzustehen, an den Shanghaier Standort zu fahren, dort in den Bus umzusteigen und je nach Verkehr 2 – 5 Stunden nach Changzhou zu pendeln. Der Bus ist ein Firmenbus, der lediglich Menschen aus unserem Projekt transportiert und wir sprechen hier von einem grossen Reisebus. Dieser setzt uns dann direkt an der Firma ab und Abends pendeln jeweils kleinere Busse im Stundentakt vom Werk zum Hotel (http://www.shangri-la.com/en/property/changzhou/tradersfudu) und morgens wieder zurück. Und das geht dann so bis Do, wo die ganze Horde nach Arbeitsschluss wieder in den grossen Bus verfrachtet und nach Shanghai gekarrt wird.

Changzhou besticht übrigens neben zahlreichen, qualmenden Industrieschornsteinen durch absolut hässliche Gebäude, mehreren elevated roads und dem vollkommenen Nichtvorhandensein jeglicher Unterhaltungsmöglichkeiten. Evtl. der Grund dafür dass das Projekt hier oben stationiert ist. So ist auf jeden Fall sichergestellt, dass keiner frühzeitig freiwillig das Büro verlässt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Changzhou

Arbeitsbeginn

30 Jun
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Der Tag nach Ankkunft und Irrlauf durch die Stadt war dann auch gleich der erste Arbeitstag. Der Blick aus dem Fenster nach dem Aufstehen: Heftiger Regen und so tiefe Wolken, dass ich die oberen Etagen des gegenüberliegenden Gebäudes nicht sehen konnte. Folge des schlechten Wetters (Regen bei 25 Grad ist übrigens eine sehr praktische Kombination, da sich die Hemden von selbst bügeln): Es war unmöglich ein Taxi zu bekommen, da der Chinese offensichtlich ungern durch Regen radelt und sich lieber fahren lässt.

Glücklicherweise traf ich beim Warten vor dem Hotel auf einen Kollegen aus der Schweiz und nach ca. einer halben Stunde waren wir an der Reihe. Die Fahrt zum Office (das eigentlich ums eck ist) dauerte dann noch einmal so lange.

Haupttask des Tages war dann die Eröffnung eines chinesischen Bankkontos. Ohne Chinesischkenntnisse ist das unmöglich und so unterstützte uns eine lokale Kollegin. Interessant war, dass wir auch ohne all die eigentlich elementaren Daten wie einer Adresse oder einer Telefonnummer problemlos ein Konto einrichten konnten. Und das auch noch spottbillig: Ganze 16 RMB (ca. 1,60 EUR) kostete der Spass. Dazu gabs dann gleich die Bankkarte ausgehändigt, ein Startguthaben auf dem Konto von 1 RMB (0,10 EUR), einen RSA-Key fürs Internetbanking und eine für Europäer äusserst hilfreiche Anleitung wie dieser zu benutzen sei auf chinesisch (siehe Bild).

Der Tag endete bei japanischer Küche und chinesischem Bier im Hotel.

Hello Shanghai

30 Jun
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Auf die Besichtigung von potentiellen künftigen Apartments zusammen mit einer Househunterin am Nachmittag und das gute Abendessen in sehr netter Runde der Lufthansa-Crew die mich hergebracht hat, folgt die erste Irrwanderung durch Shanghai bei Nacht. Ziel war eigentlich, das Taxi mit den Lufthansianern bis zu deren Hotel zu teilen und von da die letzten “ca. 5 Minuten” zu Fuss in mein Hotel zu gehen, um noch etwas von Shanghai bei Nacht zu sehen.

Nun bin ich ja nicht das erste mal hier und weiss, dass einfach mal nach dem Weg fragen hier nicht funktioniert, aber die Wegbeschreibung hörte sich so einfach an, dass ich es auch ohne Zettel mit chinesischer Zieladresse wagte. Es war ca. 23 Uhr und noch geschätzte 25 Grad warm. Die Strassen sind hier um diese Zeit voll mit Menschen wie bei uns mittags um 5 und bei Nacht ist die Stadt mit all ihren Lichtern noch beeindruckender als tagsüber.

Nach einer viertel Stunde Fussmarsch ohne am Zielhotel vorbeizukommen kamen erste Zweifel auf, ob die Richtung stimmt. Nach ca. einer halben Stunde war ich mir sicher, dass die Richtung nicht stimmt. Und nach einer dreiviertel Stunde hatte ich keine Ahnung mehr wusste ich weder wo ich her kam, noch wohin es gehen könnte.

Naheliegendste Lösung des Problems wäre gewesen: Ein Taxi anhalten und heimfahren lassen. Für alle die noch nie in China waren: Mit Englisch kommt man hier nicht weit. Vor allem nicht bei Taxifahrer. Diese Option schied also aus. Weiter durch die Stadt irren und zu hoffen irgendwann per Zufall am Hotel vorbeizukommen? In einer Stadt mit knapp 20 Millionen !! Einwohnern utopisch. Schliesslich kam ich nach ca. 1,5 Stunden an einem anderen Hotel vorbei und liess mir vom Concierge die Adresse meines Hotels auf chinesisch aufschreiben. Damit ins Taxi und die Fahrt dauerte noch ca. 20 Minuten. Ich war also nicht mal in der Nähe des Hotels.

Lessons learned: Ortskenntnisse schleunigst verbessern und/oder chinesisch lernen und nie ohne Adresszettel aus dem Haus gehen.

Dafür war durschschlafen dann in der ersten nacht trotz Jetlag und laufendem Deutschland : England -Spiel kein Problem. Das Ergebnis habe ich erst am nächsten Tag aus der Zeitung erfahren. SCHLAND!!

Mit 54,3kg verteilt auf 3 Koffer und einer Tasche gehts am 26.06. ab Kloten richtung neuer Heimat Shanghai. Zuerst mit Swiss in einem Flug mit traumhafter Aussicht auf die Alpen und den Bodensee nach München. Es gibt zwar auch einen Direktflug von Zürich nach Shanghai, aber dieser ist einerseits ein Tagflug und daher nicht sonderlich angenehm und zweitens bin ich in München mit Andreas verabredet. Andreas ist ein Freund, mein Fluglehrer aus der Flugschülerzeit und vor allem A340 Kapitän bei der Lufthansa.
Bereits vor einigen Wochen habe ich Andreas von meinem Auswanderplänen erzählt und er hatte zufälligerweise gerade an meinem Abreisewochenende Shanghai auf seinem Flugplan stehen. Vor ca. einem Jahr hatte ich schon einmal das Vergnügen, mich von Ihm von Shanghai nach Hause fliegen zu lassen.

Die erste freudige Überraschung wartete dann beim Boarding: Beim scan meiner Boardkarte spuckt das Terminal einen Kassenbon aus. Die Information darauf: “Your new seat number: 7D – Business” (ich war economy gebucht). Es war klar, dass dieses Upgrade kein Zufall war. Beim Einsteigen meldete ich mich dann bei der Stewardess, welche meinen Namen gleich erkannte und mich ins Cockpit des A340-600 begleitete – mein eigentlicher Platz für diesen Flug.

Es war toll, Andy nach so langer Zeit wieder zu sehen. Mit einem hämischen Grinsen im Gesicht meinte er nur zu mir: “Wir mussten dich leider umsetzen, hinten war`s einfach zu voll”. Die zwei anderen Piloten begrüsst, noch kurz zurück an den eigentlichen Sitzplatz um mein Handgepäck zu verstauen und den Sitznachbarn darüber zu informieren, dass ich die meiste Zeit nicht da sein werde (beim letzten Cockpitflug hat mein Nebensitzer mein Gepäck als “unbeaufsichtigt” der Stewardess gemeldet) und dann zurück nach vorne, wo`s auch gleich los ging.

Push back, Anlassen, Taxi, Startvorbereitung und schon standen wir auf der 26, bereit zum Start. Eigentlich alles wie bei uns “kleinen”, nur dass wir den Pushback selbst und manuell machen.

Der Flug ansich war ruhig, Andy und seine zwei Kollegen haben mir alle Fragen ausführlich und geduldig beantwortet und während jeweils einer der Piloten für 3 Stunden in der kleinen Kabine hinter dem Cockpit schlafen ging, tat ich das selbe auf meinem Platz in der Kabine (Auf so einem Langstreckenflug passiert im Cockpit nicht sonderlich viel). Nach 10h begann bereits der Anflug auf Pudong Intl. – der internationale Flughafen Shanghais.

Das Wetter in Shanghai für die Jahreszeit typisch: Tiefe Bewölkung bis 90m über dem Boden, heiss und schwül. Wir sahen die Bahn erst kurz vor dem Aufsetzen, aber der junge Co-Pilot hat butterweich aufgesetzt.

Vom Flughafen gings per Hotelshuttle dann schwer bepackt erst zum Hotel und von da mit der Crew zum Abendessen ins “Grape” – ein Chinese mit vereuropäisierter Küche, spezialisiert auf Lufthansa-Crews. Ein lustiger Abend und nach zwei Tsingtao (lokale Biermarke) und einer ersten Irrwanderung durch Shanghai auf der Suche nach dem Millenium-Hotel (musste mich dann doch vom Taxi fahren lassen, weil ich es nicht gefunden habe) ging der erste Tag in der neuen Heimat zuende. Es war Sonntag und bereits am nächsten Tag der erste Arbeitstag.

Bye, bye Zürich

30 Jun
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Die Freude, nach knapp 20 Jahren als “Exilschweizer” in Deutschland in die zürcher Heimat zurückzukehren währte kurz: Bereits in der ersten Arbeitswoche in der neuen Firma zeichnete sich die Möglichkeit ab, ein Jahr lang nach China entsandt zu werden. Zweifelsohne eine grosse Chance und Lebenserfahrung, aber auch etwas unerwartet, nachdem eine schöne Wohnung in Zürich gefunden, der Umzug organisiert, neue Möbel gekauft, alles aufgebaut und eingerichtet und man endlich “Zuhause” war.

Dennoch fiel die Enscheidung nicht schwer: Auf nach Shanghai.

Also alles von vorne: Neu eingerichtete Wohnung ausräumen, Umzugsboxen in den Keller, Nachmieter suchen, diverse Versicherungen anpassen, Nachsendeauftrag einrichten usw.. Beim zweiten Mal innerhalb von 4 Wochen geht das alles schon viel schneller von statten.

Ein schönes Abschiedsgeschenk gabs dann am Tag vor dem Abflug noch. Achim kam mit seiner C172 aus Heubach eingeflogen, gefolgt von Angela und Marcello mit Angelas CT ab Malmsheim. Nach leckerem “Henkersmahl” im sonnigen Innenhof eines züricher Biergartens und Sightseeingtour war noch Zeit für einen kurzen Rundflug von Speck über den Zürichsee und die neue/bald alte Heimat. Ein traumhafter Flug bei schönstem Sommerwetter und mit Blick auf Berge, klare Seen und klare Luft. All das wird bald Mangelware sein.

Am 26. Juni 10 war dann Wohnungsübergabe an den Nachmieter und los ging die lustige Reise am Flughafen Zürich-Kloten.