In den letzten Zügen…

18 Mrz
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In der Wohnung stapeln sich mitlerweile die Umzugskartons, Schränke und Schubladen sind bereits leergeräumt und die Inhalte an Freunde und die Ayi verschenkt. im Kühlschrank stehen nur noch ein paar verlassene Konservendosen und ein Block schweizer Käse (auch wenn der Kühlschrank wenn man ehrlich ist nie richtig gefüllt war, weil man hier kaum zuhause kocht das liefern lassen und essen gehen einfach so viel einfacher und billiger ist). Am vergangenen Freitag war die Farewell-Party mit all den vielen netten Menschen, die Shanghai erst zu einer unvergesslichen Zeit gemacht haben. Das Abenteuer hier neigt sich also unübersehbar dem Ende zu. Es ist unglaublich wie verdammt schnell knapp zwei Jahre vergehen, wenn man täglich neues erlebt, neue Menschen kennenlernt und vor allem eine gute Zeit hat. Noch genau eine Woche ist es heute bis zum Rückflug in die Schweiz und ich bin noch hin- und hergerissen zwischen Vorfreude auf Zuhause, auf die Familie und die Freunde, welche dort warten und auf den anderen Seiten dem Gedanken das alles hier bald zu verlassen, vor allem all die mitlerweile guten Freunden aus aller Welt.

 

Über  600 Tagen ist es jetzt her, seit ich hier den ersten Artikel über meine Ankunft in dieser Mollochstadt mit 25 Millionen Einwohner geschrieben habe und darüber wie fremd und ungewohnt vieles ist und wie schwierig es wohl werden wird, sich in dieser fremden Kultur in der kaum einer Englisch spricht und in einem Land in dem man kein einziges Zeichen Text lesen kann zurechtzufinden. Ich hatte Bedenken, wie schnell man sich hier wohl integrieren kann und vor allem ob es überhaupt möglich ist, ein soziales Ufeld aufbauen. Am Ende war eigentlich alles ganz einfach und heute schreibe ich diesen Artikel und mir wird bewusst, wieviel seither passiert ist und wieviel sich auch verändert hat.

Ich habe hier sehr viele Leute kennengelernt, von denen einige zu richtig guten Freunden wurden und man bewegt sich mitlerweile ganz selbstverstädlich in dieser Mega-Stadt. Einer der ersten Artikel in diesem Blog war über die rücksichtslosen und halsbrecherisch rasenden Taxifahrer. Ich war damals noch schockiert über den Fahrstil, die Tatsache dass man sich nicht anschnallen kann, selbst wenn man will und die undfreundliche Art der meisten Fahrer. Heute gehören sie zu meinem Alltag, bringen mich jeden Tag zur Arbeit und nach Hause und sind gar nicht mehr so abschrecken und ich kann ihnen meistens sogar sagen wo ich hin will ohne ihnen die SmartShanghai-App unter die Nase halten zu müssen wie zu beginn als man noch kein Wort Chinesisch konnte. Dann erinner ich mich noch gut an die ersten Einkäufe hier in den chinesischen Supermärkten. Von den Verpackungen konnte man nicht sagen ob sich darin jetzt Müsli oder Katzenstreu befindet und das meiste was im Regal lecker aussah und es mit nach Hause schaffte war nach dem Auspacken einfach nur widerlich. Ich kann zwar auch heute noch nicht behaupten dass ich jemals die chinesische Küche der italienischen vorziehen werde, aber es gibt doch einiges, was ich vermissen werde. Die Dumplins zum Beispiel oder das sagenhaft gute Lemon Chicken bei unserem Stammchinesen “The Grape”. Ganz sicher auch vermissen werde ich die Massagen für 15 Euro und den Friseurbesuch für 7 Euro, oder den Reinigungsservice im Haus, der ganze Säcke voll Wäsche für gerade mal 20 Euro nicht nur säuberlich bügelt und faltet sondern sogar einzeln in Plastikfolie einschweisst. Und natürlich noch vieles mehr, so zum Beispiel das Gym und den Pool im Haus, Sherpas, der der Lieferservice bei dem man aus jedem beliebigen Restaurant online sein Essen wählen kann und es dann nach Hause geliefert bekommt, auch “Element Fresh”, das westliche Restaurant mit dem gesundem Essen und genialem Früstück direkt unter unserem Haus, welches zum Stammlokal unserer Clique wurde. Dann selbstverständlich die unzähligen und wirklich guten Clubs, die Bar-Flatrates mit drin-as-much-as-you-can für umgerechnet 10 Euro , den Mc Donalds home delivery service, die spontanten Städtetrips nach Toyko, Hong Kong, Peking, Xiamen, Guiling und wie sie alle heissen und natürlich die vielen, netten Besucher aus Deutschland, der Schweiz und wo sie überall herkamen und das Leben hier so abwechslungsreich gemacht haben.  Ich könnte die Liste mit Dingen die mir hier fehlen werden noch lange fortführen aber es gibt auch einiges was ich defnitiv nicht vermissen werde und warum ich mich auf zuhause freue. Als erstes freue ich mich  natürlich auf meine Familie die ich über die letzten Jahre nur jeweils tageweise gesehen habe und auch die Freunde in Europa.

 

Definitiv nicht vermissen  werde ich hingegen die wirklich katastrophal schlechte, verpestete, Shanghaier Luft, die wirklich immer und überall hinrotzenden Chinesen, allgemein diese unglaublichen Menschenmassen, die einfach überall sind und denen man kaum entkommen kann. Zudem nicht fehlen werden mir die oft minderwertigen oder gepunchten Lebensmittel, diese unglaubliche Naturverschmutzung und Resourcenverschwendung die man hier täglich vor Augen hat, das permanente Verkehrschaos und den ständigen Lärm und ca. 99% der Lebensmittel hier. Chicken feet, Duck Tongue, Bullfrog und Fischkopfsuppe werden einfach nie mein Geschmack werden und ich kann gerne wieder darauf verzichten.

 

Noch nicht ganz sicher bin ich mir hingegen, inwiefern mir die Chinesen an sich fehlen werden  – doch vermutlich kann und sollte man das so pauschal auch gar nicht beantworten. Wir haben hier unglaublich nette Chinesen kennengelernt, die über die Zeit wirklich gute Freunde wurden und mir sehr ans Herz gewachsen sind. Von ihnen habe ich viel über die chinesische Kultur, das Denken der Menschen, die Gründe warum sie gewisse Situationen so meistern wie sie es eben tun aber auch über die Anschauungen zum Eigenen Land und der Regierung hier gelernt. Und sie haben mein eigenes Bild von China durchaus sehr verändert und bereichert. Auch viele der Kollegen im Büro schätze ich sehr und von ihrer oft pragmatischen Macher-Menthalität und dem eiserenen Willen weiterzukommen und Ziele zu erreichen können wir sicher noch viel von ihnen lernen. Andererseits nervt die ständige Competition, egal ob es um Einsteigen in die Ubahn, um das Anstehen in einer Schlange oder bei was auh immer ist. Egal was man tut, es sind tausende andere da die das gleiche tun und sich wenns irgendwie geht vordrängeln. Ausserdem freue ich mich auf Menschen die beim Essen nicht Schmatzen, keine Fischgräten auf den Teller spucken, nicht im Aufzug rauchen und sich mehr als einmal in der Woche duschen.

Noch fällt der Vorhang nicht ganz hier. Die letzte Woche hat begonnen und es stehen noch einige Abschiedsessen und “Das letzte Mal…..”-To-Dos auf dem Programm – und ich werde es geniessen.

 

Anbei noch ein paar Bilder von der Abschiedsparty und den Freunden hier.

 

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